Frauen, die brauenBier war ursprünglich Frauensache

Die längste Zeit ist Bier Frauensache gewesen. Sowohl das Brauen, als auch das Trinken. Dass das heute nicht mehr gilt, ist eigentlich schade – und muss auch nicht so bleiben. Biersommelière Nina Anika Klotz über „Frauen, die brauen“.

Wenn man beide Augen zudrückt, könnte man behaupten, Bier ist von einer Frau erfunden worden. Von der Göttin des Schicksals, nämlich. 

Das allererste Bier war ein Zufall. 

Nassgewordenes Fladenbrot (oder achtlos stehen gelassene Getreidesuppe, wer weiß das schon so genau) begann zu gären und was blieb, das schmeckte überraschenderweise gut. Der unglamouröse Beginn eines Weltgetränks.

Bierbrauen war ursprünglich Frauensache

Fortan war es Aufgabe der Frau, für steten Nachschub zu sorgen. Bierbrauen wurde zu einer der ganz gewöhnlichen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Wie Brot backen und Marmelade kochen. Einen Tag die Woche wurde halt gebraut.

Urspünglich brauten die Frauen: Werkzeuge zum Bierbrauen

Die Göttinen des Bieres

Es ist so auch gar nicht verwunderlich, dass die erste Göttin des Bieres eben genau das war, eine GöttIN.

  • Ninkasi war in der Mythologie der Sumerer für Bier zuständig.
  • Bei den Ägyptern betreut Tjenenet (auch: Tenenit) sowohl Geburten als auch das Bierbrauen.
  • In der Kalevala, dem finnischen Nationalepos, ist es eine Jungfrau namens Osmotar, die auf die geniale Idee kommt, aus Gerste, Wasser und Hopfen ein fantastisch schmeckendes Getränk zu brauen.

Der Wandel beginnt im Kloster

Ein Braukessel war lange Zeit ein üblicher, fester Bestandteil der Mitgift und eigentlich haben erst da Männer angefangen zu brauen, wo es keine Frauen gab: In den Klöstern. Und in den Klöstern, in denen es Frauen gab – da haben die freilich auch gebraut, was das Zeug hält. 

Hildegard von Bingen: Heilpflanze Hopfen

Eine große Bierfrau der deutschen Geschichte etwa war die Benediktiner-Nonne Hildegard von Bingen (1098 – 1179). In ihrem Buch „Von dem inneren Wesen der Naturen“ beschreibt sie unter anderem die große Heilkraft des Hopfens.

Heilpflanze Hopfen

Völlig zu Recht stellte sie fest, dass Bier das Zeug hat, Einschlafprobleme zu mindern und dass Bier selten zu Verdauungsproblemen führt, wohl weil, und auch hier lag sie richtig, der Hopfen „gewisse Fäulnis von den Getränken“ halte. Ihre Empfehlung an alle, Mitschwestern und Brüder, kurz und knapp:

„Cervisium bibat!“ - Man trinke Bier.

Katharina von Bora: Luthers brauende Ehefrau

Oder noch ein Beispiel: Katharina von Bora (1499-1552), die Ehefrau vom Reformator Martin Luther, war dessen eigener Überlieferung nach eine herausragend gute Brauerin. Luther ließ sich sogar auf Reisen von ihr versorgen.

Sie möge doch bitte „ein Pfloschen ihres Bieres zu ihm schicken so oft sie könne“, schrieb er in einem Brief und drohte, er würde nicht nach Hause kommen, bevor sie nicht den nächsten Sud fertig hätte.

Wie das Brauen Männersache wurde

Erst als „Mann“ insbesondere in den Klöstern erkannte, dass Bier, gutes Bier, als handelbares Gut taugte, wurde das Brauen nach und nach professionalisiert und kommerzialisiert.

Bierbrauen wurde zu einem Beruf, zu einer Zunft, und war nicht mehr eine von vielen Dingen, die Frau in der Küche eben so tat. Zuletzt war das Biergewerbe eine rechte Männerdomäne geworden, bis vor ein paar Jahren noch waren unter den Lehrlingen zum Brauer und Mälzer nicht einmal zehn Prozent Mädels.

Kaum mehr weibliche Brauer? Das ändert sich jetzt.

Mit der neuen Bierbewegung, mit der Idee von Craft Beer, entdecken nicht nur mehr Frauen Bier, also besondere Biere, als Getränk für sich, sondern mischen auch wieder mehr Frauen im Maischekessel herum.

Beispiel Berlin

Egal in welche der neugegründeten Brauereien man schaut, fast überall sieht man mindestens eine Frau, die hier operativ mitwirkt, wenn nicht gar ganz das Ruder selbst hält.

  • BRLO-Gründerin Dr. Katharina Kurz ist nur ein Beispiel (siehe Bild),
  • Braumeisterin Ulrike Genz (Schneeeule – die mit den Sauerbieren) ein anderes,
  • Bei Stone arbeiten gleich mehrere Brauerinnen.

Foto der Brauer von BRLO in Berlin, die für ihre kreativen und experimentellen Craft-Biere bekannt sind.

Und warum auch nicht?

Das Argument, Bierbrauen ist schwere, körperliche Arbeit, greift heutzutage nur noch bedingt. Kaum ein Brauer schleppt heute noch Malzsäcke, dafür gibt es Förderbänder und Systemsteuerungen.

Bierbrauen ist hingegen ein kreativer Beruf, etwas Echtes, ein Handwerk eben, das Frauen ganz selbstverständlich mindestens so gut wie Männer lernen können. Vielleicht sogar besser.

Seid auf der Hut, Jungs!

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