Was macht die belgische Bierkultur so besonders? Welches Land kann sich mit seinen uralten Brautraditionen rühmen? In welchem Land werden heute noch alle vier Gärungsprozesse verwendet? Und wo wurde die Bierkultur zum Welterbe erklärt? Es kann nur eines geben: Belgien.

Die belgische Brautradition reicht bis ins Mittelalter zurück. Zu dieser Zeit hatte jede Profession ihre eigene Zunft mit dem dazugehörigen Zunfthaus und bereits 1385 wurde die Brauereizunft „Belgische Brouwersgilde“ anerkannt. Viele Gebäude am Grote Markt (auch bekannt als Grand-Place) in Brüssel sind nach diesen Zünften benannt. Allerdings beherbergt nur noch das wunderschöne Gebäude im Barockstil mit der Nummer 10 eine Zunft bzw. heute einen Berufsverband.

Belgische Bierkultur: UNESCO Weltkulturerbe

Die historische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Stellung, die Bier seit dem Mittelalter in Belgien erlangt hat, ist enorm stark. Da überrascht es wenig, dass Belgien den Titel „Land des Bieres“ innehat:

  • Das Land ist mit mehr als 250 authentischen Brauereien sowie mehr als 150 Bierunternehmen gesegnet und gemeinsam bringen sie 2.000 Originalbiere auf den Markt.
  • Belgisches Bier ist ein wichtiges Exportprodukt, denn ungefähr 65 % der Produktion wandert ins Ausland, hauptsächlich nach Frankreich und China sowie in die Vereinigten Staaten und die Niederlande.
  • Der typische Belgier nutzt jede Chance, um sein Lieblingsbier zu genießen und das vorzugsweise in einem schönen, passenden Glas. Das Einschenken des Bieres ist in Belgien dabei schon fast eine Kunst für sich.
  • Neben verschiedenen Ausbildungen, wie z. B. zum Brauer, kann man in Belgien sogar Studiengänge in Verbindung mit Bier belegen und damit beispielsweise ein Zythologe (Bier-Connaisseur) werden. In beiden Teilen des Landes findet man Bier- und Zapfkurse und auch in Restaurants wächst der Trend, das Essen mit dem passenden Bier zu genießen.
  • Die Entdeckung neuer Biere geht Hand in Hand mit Bierverkostungen, die momentan einen Höhenflug erleben und von vielen lokalen Bierclubs regelmäßig veranstaltet werden. Darüber hinaus gibt es in Belgien eine Vielzahl an Biermuseen, die definitiv einen Besuch wert sind.

Es ist daher keine Überraschung, dass die UNESCO die belgische Bierkultur auf die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ gesetzt hat. Durch diese internationale Anerkennung befindet sich die belgische Bierkultur nun auf der gleichen Stufe wie beispielsweise argentinischer Tango, spanischer Flamenco oder brasilianische Samba.

Den Trumpf in der Hand

Nur in Belgien werden bis heute alle vier ursprünglichen Gärungsprozesse verwendet:

  1. Obergärung: Bei diesem Prozess wird das Bier bei höheren Temperaturen (bis zu 25 °C) gegärt und die Hefe legt sich wie eine Decke auf die Bieroberfläche.
  2. Untergärung: Das Bier wird bei diesem Prozess bei geringeren Temperaturen gegärt (5 ° bis 12 °C) und die Hefe sinkt auf den Boden des Gärkessels.
  3. Spontane oder wilde Gärung: Hier wird die heiße Lambic-Würze eine Nacht lang im Lagerkeller der Brauerei gekühlt. Anschließend wird sie der Brüsseler Luft zur Wildgärung ausgesetzt.
  4. Gemischte Gärung: Dabei werden die obergärigen Biere mit den wild gegärten Bieren gemischt und darüber hinaus entweder Milchsäurebakterien oder wilde Hefe hinzugefügt.

Bierland mit Kreativität und Innovation

Zusätzlich zu den eher traditionellen Brauereien öffnen immer mehr neue und junge Brauereien ihre Pforten. Sie lieben Experimente, brauen ganz bewusst etwas anderes als ein klassiches Dubbel oder Tripel und bewegen sich mit ihren Kreationen besonders im sauren oder bitteren Biersegment.

Diese neuen Entwicklungen zeichnen sich hauptsächlich durch die Verwendung neuer Rohmaterialien aus, wie ungewöhnliche Hopfensorten, neue Holzarten für die Reifung in Holzfässern und untypische Zutaten (z. B. Holunder, Myrte, Rhabarber, Pflaumen, Kaffee, Ingwer, Yuzu oder Meersalz). Sie möchten dem Bier einen neuen Twist verleihen – oder den existierenden Sorten den Mittelfinger zeigen.

Verband „Belgische Brouwers“

„Belgische Brouwers“ ist ein Berufsverband, der fast alle Brauereien dieser Industrie zu seinen Mitgliedern zählt. Die Vereinigung erfüllt allerdings auch eine wichtige Rolle hinsichtlich der sozialen Verantwortung.

Seit 1992 führt der Verband eine Kampagne mit dem Slogan „Mit Liebe gebrautes Bier trinkt man mit Bedacht“. Diese Kampagne soll ein Bewusstsein für verantwortungsvollen Alkoholkonsum schaffen. Sie sprechen sich ebenfalls gegen Alkoholmissbrauch aus und unterstützen die „Aktion BOB“, die sich gegen Alkohol im Straßenverkehr einsetzt.

Vor Kurzem hat der Verband eine weitere Kampagne ins Leben gerufen: „Stolz auf unser Bier“. Diese Kampagne soll alle Facetten der belgischen Bierkultur fördern, die als Weltkulturerbe durch die UNESCO geschützt wird. Diese Kampagne zeigt, dass belgisches Bier die Menschen aus Flandern, Wallonien und Brüssel miteinander verbindet. Ein aufrichtiger Ausdruck des Stolzes Belgiens: Bier.

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